Frei nach Sandy Stone, 1993.
Männern haben von Anfang an über Frauen theoretisiert und als Geschlechtertheoretiker über trans Menschen. Wie alle Frauen werden wir infantilisiert, als zu unlogisch oder unverantwortlich angesehen, um uns echte Entscheidungsfreiheit zuzugestehen. Und da das nicht reicht, werden wir durch diagnostische Kriterien pathologisiert und als Subjekt klinisch gelöscht.
Für einige radikale feministische Theoretikerinnen ist auch das noch nicht genug. Für sie sind trans Menschen konstruiert als Roboter eines heimtückischen und bedrohlichen Patriarchats, die entwickelt und gebaut wurden, um „wahre“ Frauen zu infiltrieren und zu zerstören. Für sie sind wir eine medizinisch konstituierte und unvorhersehbare Dissonanz. Sie begegnen dem mit einer obsessiven und fetischisierenden Zuweisung von Genitalien und dann erst, mit einem von ihnen kulturell festgeschriebenen „biologischen“ Gegengeschlecht. Sie konstruieren eine „besorgte“ Opposition, die Geschlecht als medizinisch, biologisch konstituierte Gewalt definiert. Dies soll die einzige Positionen sein, von der alleine der Diskurs zulässig sei, Transgeschlechtlichkeit ist bereits unzulässig. Geschlecht ist ein Produkt von Macht, es wird zugewiesen. Es steht als Konstrukt nicht im Gegensatz zur Realität. Was auch immer die Realität ist, muss durch Sprache bestätigt und repräsentiert werden. Die Biologie kann nicht von der Sprache gelöst werden.
Transgeschlechtliche Menschen sind eine Minderheit, die die patriarchalen und damit assoziierten Diskurse des Geschlechts stören. Das stört umso mehr, wenn wir als Geschlechterminderheit unsere Geschichte selber bestimmen, die auf der Präsenz und den Möglichkeiten des trans Körpers begründet ist. Wir sind Störungen der alten, binären Ordnung von Mann und Frau, die das Patriarchat zum Existieren braucht. Wir sind eine vielfältige Dissonanz durch unsere Körper. Deren (un)erwartetes Reagieren auf Hormone und Operationen, implizieren eine Vielzahl von Veränderungen.
Transgeschlechter und die darin enthaltenen Körperlichkeiten, von ständig wechselndem Ausdruck, übersteigen den Rahmen jeder patriarchalen Repräsentation.
Wenn wir als transgeschlechtliche Minderheit einen Gegendiskurs führen wollen, müssen wir von außerhalb der Grenzen des Geschlechts sprechen, wie sie von patriarchalen Transfeinden definiert werden. Wir müssen uns jenseits der radikalfeministisch konstruierten Opposition, der CASS Reports und SEGM Studien bewegen. Wir brauchen eine Sprache für die trans Theorie, die die Arten von Unklarheiten und Perspektivenvielfalt zulässt, die die feministische Theorie bereits so produktiv informiert und bereichert haben.
Stone, S. (1993). The „Empire“ strikes back: a posttranssexual Manifesto. Department of Radio, Television and Film, the University of Texas at Austin. Gesehen am 03.05.2024 bei https://transreads.org/wp-content/uploads/2019/05/2019-05-23_5ce723d68cfb4_TheEmpireStrikesBackSandyStone1993.pdf