Am Sonntag, den 28. Oktober 2018, starb die Hinz & Kunzt-Verkäuferin Johanna auf einer Parkbank am Niendorfer Markt im Bezirk Eimsbüttel an Unterkühlung. Sie wurde nur 43 Jahre alt und war die erste Kältetote Hamburgs des Winters 2018/2019. Für Grüne, SPD und Linke in der Bezirksversammlung Eimsbüttel war das ein trauriger und bitterer Anlass, über Obdachlosigkeit in dieser Stadt zu reden.
Am 4. November wurde der 47-jährige Obdachlose Macij auf einem alten Fabrikgelände tot aufgefunden. In der Nacht zum 17. November 2018, ist die 64-jährige Birgit, genannt Biggi, vor dem Michel gestorben. Am Morgen des 28. Novembers entdeckte die Stadtreinigung einen Toten in dem Fußgängerdurchgang unter der Lombardsbrücke. Mutmaßlich waren bis Anfang Dezember 4 Menschen in Hamburg in einem Monat an Unterkühlung gestorben.
Obdachlosigkeit läßt sich mit staatlichen Mitteln nicht verhindern. Die Ursachen sind komplex und liegen in einem sozialpsychologischen Raum. Zurzeit leben mindestens 2.000 Menschen auf Hamburgs Straßen. Vom 1. November 2018 bis zum 31. März 2019 stehen 804 zusätzliche Schlafplätze in Gemeinschaftsunterkünften als Schutz vor Erfrierung zur Verfügung. Die Übernachtung kann anonym in Anspruch genommen werden und ist kostenlos. Und im Winternotprogramm wäre Platz: 200 Betten werden bislang nicht genutzt. Niemand in Hamburg muß erfrieren!
Aber wir haben in Europa Armutsmigration. Migrantinnen und Migranten aus Polen, Bulgarien und Rumänien werden in prekäre Arbeitsverhältnisse im Billiglohnsektor nach Hamburg gelockt. Trotz Beschäftigung landen sie quasi automatisch im System der Wohnungslosenhilfe. Sie bekommen kein Anrecht auf Hilfe, weil sie in ihrer Heimat noch eine Unterkunft haben. Statt einem Bett, bietet die Stadt ihnen nur Schutz in der Wärmestube Hinrichsenstraße. Dort verbrachten gut 55 Obdachlose die Nächte auf dem harten Boden.
Viele von ihnen, die auch mit Suchtproblemen kämpfen, suchten deshalb in Angeboten der niedrigschwelligen Suchthilfe nach einem warmen Platz zum Schlafen und auch nach medizinischer Hilfe. In einigen Einrichtungen wie dem Abrigado in Harburg bilden sie nach Einschätzung der Mitarbeitenden etwa ein Viertel der regelmäßig Hilfe suchenden Klientlnnen. Weil sie keinerlei Anspruch auf Sozialleistungen und keinen Krankenversicherungsschutz haben, können sie kaum weitervermittelt werden. Von grundlegender Behandlung gegen Krankheiten wie HIV und Hepatitis, von Substitution und von Suchttherapieangeboten insgesamt bleiben sie ausgeschlossen – und das, obwohl Infektionskranheiten wie Hepatitis C ein weit verbreitetes Problem sind und die Gefahr der Ansteckung stetig wächst, wenn man hier nicht handelt.
Seit 1994 fährt der Kältebus der Berliner Stadtmission im Winter durch die Hauptstadt und bringt hilflose Obdachlose in Notunterkünfte. Das könnte ein Vorbild für Hamburg sein.
Um weitere Tote zu verhindern, hat die Bezirksversammlung einstimmig in der Dezembersitzung die Vorsitzende gebeten, sich unverzüglich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen:
1. dass die Notunterkünfte je nach Wetterlage geöffnet werden, nicht wie bisher kalendarisch festgelegt.
2. dass die Öffnungszeiten des Winternotprogramms im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten so ausgeweitet werden, dass diese mit den Öffnungszeiten der Tagesaufenthaltsstätten abgestimmt sind.
3. Mit fachlich geeigneten Trägem sollen Gespräche aufgenommen werden, um einen Kältebus zu betreiben. Dieser soll von Bürgern und Bürgerinnen angerufen werden können, wenn sie nachts draußen in der Kälte Obdachlose sehen, die Hilfe brauchen. Seine Aufgabe soll sein, die Menschen entweder in eine Unterkunft zu bringen oder Überlebenshilfe vor Ort zu leisten.
Im Winter muss niemand auf der Straße übernachten! Wenn Sie einen Schlafplatz brauchen, können Sie sich direkt an einem der beiden Übernachtungsstandorte von fördern & wohnen in der Friesenstraße 22 (Tel.: 040 42835 3749) oder im Kollaustraße 15 (Tel.: 040 52102 7622) melden, sobald diese geöffnet haben, von 17:00 Uhr bis 9.30 Uhr.
Wenn sich vor oder nach ihrer Aufnahme in den oben genannten Standorten von fördern & wohnen herausstellen sollte, dass Sie keinen Anspruch auf einen Schlafplatz haben, wird Ihnen dort der nächtliche Aufenthalt in der Wärmestube in der Hinrichsenstraße 4 angeboten.