
21. Sendung am 29.03.202
Die ganze Sendung mit Songs ist bei Mixcloud online zu hören.
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In der 21. Sendung sprechen wir mit Didine van der Platenvlotbrug, Vee und Nathalie, Gudrun Greb von Ragazza und mit Silvie Torneden vom Frauenmusikzentrum.

Vee und Nathalie
Moderation: Daniel Schiano und Cornelia Kost.
Musik
Cheap Dirty Horse – P.R.O.T.E.C.T T.R.A.N.S K.I.D.S
Momo Tamtri – Deadname
Chor – Quiet (MILK)
Mayor Bruce Teague – We are singing for our lives
ok.danke.tschüss – Omas gegen Rechts
“In den USA geht es, seitdem Trump die Macht übernommen hat, ja den Trans-Kindern quasi an den Kragen. Und auch hier in Deutschland weht der Wind aus der rechten Richtung härter. Gerade ist die S2K-Leitung herausgekommen. Und schon positionieren sich die Gegner in den größeren und kleineren deutschen Zeitungen. Insbesondere hinterfragende versus affirmative Therapie steht da im Fokus. Es wird insbesondere Evidenz gefordert. Cornelia, du bist doch Therapeutin. Kannst du erklären, was es ist und wo da die Unterschiede bestehen? Und was hat eigentlich Evidenz damit zu tun?“
„Ich finde beides wenig hilfreich. Also weder der Begriff affirmative Therapie noch hinterfragende Therapie. In Deutschland gibt es sogenannte Richtlinienverfahren, also therapeutische Verfahren, die von der Kasse anerkannt sind. Das sind nur vier Verfahren. Das ist Verhaltenstherapie, Psychoanalyse, tiefenpsychologisch fundierte und systemische Therapie. Da ist von hinterfragender Therapie oder affirmativer Therapie überhaupt gar keine Rede. Das gibt es auch als Therapieverfahren gar nicht. Beides sind reine Fiktionen. Der Begriff affirmative Therapie stammt aus dem englischsprachigen Raum und war vor allen Dingen als Gegenbewegung entstanden, dass Menschen ihre geschlechtliche Wahrnehmung abgesprochen wird. Die sollte respektiert werden. Und deshalb finde ich den Begriff akzeptierende Therapie, wie wir ihn aus der Suchttherapie kennen, viel besser für den Umgang mit trans Menschen. Das heißt, wir akzeptieren ihre Selbstaussage und das ist die Arbeitsgrundlage.
Affirmation stammt im suchttherapeutischen Kontext ja eher so im Sinne von ich glaube an mich selbst und ich finde es gut, dass selbstbestimmte und suchtfreie Leben führen zu können. Das ist eine klassische Affirmation, die stammt im übrigen von den anonymen Alkoholikern, die damit gearbeitet haben oder das auch noch tun. Das finde ich im Transkontext wenig hilfreich, diese Formulierung. Aber versteht, sie wird im englischsprachigen Raum benutzt. Im deutschsprachigen Raum gibt es das in der Form nicht.
Was nun die hinterfragende Therapie angeht, so ist das ja so, das ist ja vor allen Dingen das, was junge Menschen erleben. Die werden nicht im Sinne einer Unterstützung oder im Sinne einer Hilfe in Institutionen unterstützt, sondern sie werden hingehalten. Hingehalten vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass die Therapie häufig so aussieht, dass sie gefragt wird, nimmst du das immer noch wahr, bist du dir sicher, dass du auch trans bist und das dann weiter aber gar nichts passiert. Das sind zum Teil sehr kurze Einheiten, dann über einen längeren Zeitraum verteilt, sodass das Ziel dieser Maßnahmen ist, die jungen Menschen ins 18. Lebensjahr zu bringen. Das nennt sich dann hinterfragende Therapie.
Das Spannende ist, dass es für diese Art von Maßnahmen gar keine Evidenz gibt. Es gibt also keinen Nachweis, dass wenn man Menschen, die sich geschlechtlich anders wahrnehmen, als das andere Menschen erwarten würden, dass das in irgendeiner Form irgendeinen Effekt auf ihre Wahrnehmung gibt. Da gibt es weltweit nicht eine einzige Studie zu. Das heißt, nichts ist unevidenter als eine hinterfragende Therapie.
Nicht nur, dass es unevident ist. Es gibt klare Regeln in Deutschland, unter welchen Bedingungen Therapie stattfinden darf. Und dazu gehört zum Beispiel, dass eine Therapie grundsätzlich freiwillig ist. Sie kann grundsätzlich nur auf Antrag der betreffenden Personen stattfinden. Und es muss sich im Vorwege Einigkeit darüber erzielt werden, welche Ziele die Therapie verfolgt und welche Maßnahmen eingegriffen wird.
Und das ist das, was ich im Wesentlichen in der Therapie bei trans Menschen zu kritisieren habe, dass sich an diese Grundsätze nicht gehalten wird. Man kann in der Therapie grundsätzlich immer alles fragen, wenn einem der Sinn danach steht. Und wenn es mit den Klientinnen vereinbart worden ist, dass das gemacht wird. Aber an diese Grundsätze wird sich dann eben nicht gehalten.
Also, lange Rede kurzer Sinn. Wenn der Begriff hinterfragende Therapie fällt, dann kann man sich darüber im Klaren sein, dass das keine hinterfragende Therapie ist. Die gibt es nämlich gar nicht. Wenn es sie gäbe, wäre sie in keinster Weise evident, könnte sie auch gar nicht sein. Es gibt weltweit nicht einen einzigen Beleg dafür, dass das glaubhaft und vernünftig ist, das zu tun. Und wer das äußert, äußert eine ganz klar transfeindliche Haltung, möchte eigentlich, dass gar keine Therapie stattfinden, sondern, dass trans Menschen an der Transition gehindert werden. Das meint der Begriff hinterfragende Therapie”
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Credits: Opening und Jingles Saskia Lavaux, Ending Divine „Shoot your Shout“