Telepathie aus psychologischer Sicht

Storm Troopers

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Telepathie aus psychologischer Sicht veröffentlicht 10.2003 in der SOL (Magazin)

Telepathie und Glauben

In der Perry Rhodan Serie treten schon sehr früh parapsychisch begabte Menschen und Außerirdische auf. Erinnert sei hier nur stellvertretend an John Marshall und natürlich den Ilt Plofre alias Gucky. Dabei stand die Telepathie, also das Gedankenlesen, über die gesamte Serienhandlung im Vordergrund aller parapsychischen Phänomene. Ganze Völker erhielten die Fähigkeit, sich mittels Gedankenkommunikation zu verständigen. Über die Serie hinaus ist diese Methode ein beliebtes Mittel auch in anderen Serien, wie in Star Trek oder Babylon 5.

Die Wurzeln von übersinnlichen Phänomenen sind mindestens so alt wie der Mensch selbst und keineswegs auf diesen beschränkt. Sie liegen darin begründet, dass höher entwickelte Gehirne von Lebewesen genetisch vorprogrammiert sind. Sie müssen aus Umgebungsreizen heraus Zusammenhänge erkennen. So mussten unsere Vorfahren aus dem Brüllen eines Säbelzahntigers schließen können, dass dieser auf einen Happen lauerte. Sie brachten sich in Sicherheit, obwohl die gefräßige Großkatze noch nicht in unmittelbarer Nähe war. Diese grundlegende Gehirnfunktion wird allerdings auch benutzt, wenn die Zusammenhänge nicht so eindeutig sind oder es sie gar nicht gibt. Der Mensch nennt diese Fähigkeit Glauben oder abwertend Aberglauben. Praktisch alle Lebewesen ab Vogel aufwärts besitzen diese Fähigkeit. So konnte an Tauben nachgewiesen werden, dass sie abergläubisch werden können.

Die Universität in Freiburg hatte bis 2001 einen Lehrstuhl für Parapsychologie eingerichtet und als Lehrmeinung galt, das parapsychische Phänomene einmalige, nicht wiederholbare Vorgänge sind, die mit herkömmlichen Methoden unerklärlich sind.

Unzweifelhaft ist das Denken die Voraussetzung für alle paranormalen Aktivitäten. Ist Telepathie möglich, dann gibt der heutige Wissenstand über das Denken einige Hinweise, was ein fiktiver Telepath wahrnehmen könnte.

Anatomie

Der Erste Weltkrieg hat die Gehirnforschung im letzten Jahrhundert entscheidend weiter gebracht. Zum ersten Mal lagen Gehirnläsionen, also Verletzungen, in großer Fülle vor und in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Es konnten grundlegende Erkenntnisse über die Aufgaben verschiedener Gehirnareale gewonnen werden. Durchschnittlich 1,3 Kilogramm Gehirn bestehen aus Großhirn, Mittelhirn und Kleinhirn. Das Großhirn ist interessanter Weise ein ins riesenhafte vergrößertes Riechhirn. Das Gehirn ist in zwei Teile aufgespalten und durch einen sogenannten Balken verbunden. Grundsätzlich unterscheidet man vier Großhirnzonen, sogenannte Lappen. Der Stirn-oder Frontallappen enthält nach heutigem Wissensstand wesentliche Teile des Ich-Bewusstseins. Menschen ohne Frontallappen können zwar weiter leben, sie verlieren aber jeden eigenen Antrieb und die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis. Der Scheitellappen beeinflusst zusammen mit dem Kleinhirn vor allem die motorische Steuerung des Organismus. Der Schläfenlappen ist für die Prozesse des Hörens und Sprechens zuständig und der Hinterhauptlappen enthält die Sehrinde.

Fünf Sinne

Diese Erkenntnisse brachten die Forscher zunächst auf die falsche Spur. Man ging davon aus, dass das Denken im Gehirn in für bestimmte Wahrnehmungen zuständigen Zentren abgewickelt wird und der Rest des Gehirns brach liegt. Diese angeblich brachliegenden Bereiche waren auch Grundlage für Spekulationen über angebliche außersinnliche Fähigkeiten des Gehirns. Richtig ist, dass für die primäre Verarbeitung von Sinneswahrnehmungen bestimmte Areale des Gehirns zuständig sind. An der Verarbeitung der Reize ist aber das gesamte Gehirn beteiligt, ungenutzte Gehirnregionen gibt es nicht.

Bekanntermaßen hat der Mensch fünf Sinne. Auf das Seh- und Hörzentrum ist hier bereits eingegangen worden. Neben dem Riech- und dem Geschmackssinn ist in der Psychologie vor allem der Tastsinn von besonderem Interesse. Obwohl der Sensorische Bereich im Großhirn angesiedelt ist, steht er für einige Forscher in engem Zusammenhang mit der Regulation unserer Gefühlswelt. Unsere Gefühle werden durch ein Gehirnareal gesteuert, zu dem verschiedene Teile gehören. Man nennt sie das limbische System, oder auch Reptiliengehirn, wenn man es entwicklungsgeschichtlich betrachtet. Es ist die Zentralstelle des endokrinen, vegetativen und psychischen Regulationssystems. Es verarbeitet Reize aus dem Körperinnen und von außen.

Damit lässt sich eine wichtige Erkenntnis über das Denken herleiten. Das Denken orientiert sich an den fünf Sinnen. Alle Denkprozesse lassen sich auf die Sinne reduzieren. Das heißt wir denken in Bildern, wir denken in Sprache, wir denken in Gefühlen, wir denken aber auch in Geschmäckern und in Gerüchen. Man kann sogar einen Schritt weiter gehen und feststellen, jede wie auch immer geartete geistige Regung ist in allen fünf Sinnen repräsentiert. Zum Beispiel ist eine Depression ein Denkprozess, der sich in Sinneskategorien ausdrücken lässt. Nichts passiert in unserem Gehirn, was außerhalb dieser Kategorien liegt.

Nervenzellen

Unser Gehirn besitzt eine nicht zählbare Anzahl von Nervenzellen, man schätzt ihre Zahl auf 100 Milliarden Zellen. Diese Zahl hat eine interessante Analogie, denn man schätzt auch die Milchstraße auf 100 Milliarden Sonnenmassen. Jede Nervenzelle bildet Verbindungsleitungen zu anderen Nervenzellen heraus, sogenannte Axone. Sie dienen der Weiterleitung von elektrischen Impulsen. Axone enden nicht direkt auf einer anderen Nervenzelle, zum Zwecke der Weiterleitung eines Impulses, sondern sie enden in einer Synapse. Die Synapse ist ein Bestandteil der Axone ausbildenden Nervenzelle und sie sondert je nach Art des empfangenen Impulses chemische Substanzen ab, die dann von einer anderen Nervenzelle empfangen und weiterverarbeitet werden. Unser Gehirn ist ein elektrochemischer Regelkreislauf, was dann auch ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum Computer ist.

Stand der Forschung ist, dass jede Nervenzelle im Gehirn so viele Axone aus bildet, das von einer beliebigen Nervenzelle im Gehirn zu einer anderen beliebigen Nervenzelle maximal drei Zellen dazwischen liegen. Es wäre für einen Statistiker sicherlich eine interessante Aufgabe, auszurechnen, wie viele unterschiedliche Möglichkeiten der Kombination von Verknüpfungen bei 100 Milliarden Nervenzellen unter diese Bedingungen denkbar sind. Es gibt ob hemmende und erregende Nervenzellen. Das Gehirn hat mehr hemmende Nervenzellen. Weshalb man nach einem Glas Sekt auch eine leichte Erfrischung verspürt, weil Alkohol alle Gehirnfunktionen hemmt und damit in der Mehrzahl hemmende.

Denkansätze

Es gibt mittlerweile einige interessante Theorien über das Denken. Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Herangehensweisen an die Funktionen des Gehirns. Die eine Seite betrachtet das Gehirn unter dem Gesichtspunkt der Stoffwechselvorgänge, hier vor allem die Wirkungsweise der Neurotransmitter. Praktische Anwendungen finden diese Forschungsergebnisse vor allem im Bereich der Psychiatrie. Mittlerweile stehen eine ganze Vielzahl von Psychopharmaka zur Verfügung, aber man muss ehrlicher Weise zugeben, dass ihre Wirkung über das Sedieren von Gehirnfunktionen nicht weit hinaus geht.

Die andere Seite betrachtet das Gehirn aus der Sicht der Anatomie und der elektro-chemische Vorgänge. Diese Forschungsergebnisse finden praktische Anwendung vor allem im Bereich der Chirurgie und dass hier dargestellte Modell des Denkens fußt vor allem auf diesen Erkenntnissen.

Denken

Mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und anderer bildgebender Verfahren, können Prozesse im Gehirn heute zumindest im Groben sichtbar gemacht werden. Dort wird die Blutverteilung im Gehirn verfolgt und man kann Bereiche mit großer Gehirnaktivität beobachten. Wer über einen Internetanschluss verfügt, sollte sich solche Bilder einmal ansehen. Eine dadurch gewonnene wichtige Erkenntnis ist, dass selbst bei kleinsten Denkprozessen, immer das ganze Gehirn aktiv ist. Es gibt keine ungenutzten Zonen im Gehirn, der Mensch denkt holographisch. Die zentrale Verarbeitung von Sinnesreizen ist immer verknüpft mit anderen Gehirnbereichen. Dabei lassen sich in der Verarbeitung Muster erkennen, die darauf schließen lassen, dass riesige neuronale Netzwerke bestimmte Denkprozesse steuern und repräsentieren. In diesem Zusammenhang von Programmen zu sprechen, greift sicherlich viel zu kurz, um den Denkprozess zu charakterisieren. Denken ist ein durch die Sinne bestimmter, elektrochemischer Regelkreislauf, der auf der Verknüpfung und der Impulskodierung von Nervenzellen beruht.

Wer ist eigentlich „Ich“?

Tausende dieser Prozesse laufen im Gehirn gleichzeitig ab. Wer einmal versucht hat mit dem Rauchen aufzuhören oder sich von Angststörungen zu befreien, wird leicht den Verdacht entwickeln, unser Gehirn funktioniert nach dem Prinzip der Chaostheorie. Und wer dann noch den Mut hatte, Kontakt zu einem Psychologen aufzunehmen, wird wissen, wie weit wir von der Steinzeit (weiche böser Geist, weiche!) entfernt sind.

Jeder hat die Erfahrung gemacht, dass man hin und wieder Dinge tut, fühlt oder denkt, die man eigentlich nicht will. Das bringt uns auf die Spur, das unser Gehirn nicht nur aus unserem Bewusstsein besteht und einigen untergeordneten, vegetativen Funktionen wie Atmen und ähnliches. Es gibt Instanzen in uns selbst, die zum Teil stärker sind als unser eigener Wille.

Wir wissen, dass es sich um neuronale Netzwerke handeln muss und dass es in unserem Gehirn theoretisch eine große Zahl unterschiedlicher neuronaler Netzwerke gibt. Deshalb spricht man auch vom Teilemodell des Gehirns. Als Beispiel sei der „Autofahrerteil“ genannt. Autofahren an sich erlernt man mit einiger Mühe und vor allem mit viel Geld! Später ist einem das Autofahren „in Fleisch und Blut“ übergegangen, man muss nicht darüber nachdenken, wie man Kupplung und Gaspedal handhaben muss. Für die Fähigkeit des Autofahrens gibt es dann ein neuronales Netzwerk, das uns unbewusst die Arbeit abnimmt. Die allermeisten Dinge, die wir lernen, sind unbewusst abrufbar. Dazu gehört das Sitzen und Gehen, oder von 1 bis 10 zählen. Die einfachen neuronalen Strukturen lassen sich auch gut vom Bewusstsein steuern, je komplexer sie werden, desto anspruchsvoller wird die Steuerung durch das Ich. Rauchen oder Angststörungen sind auch erlernt, aber hochkomplexe neurophysiologische Netzwerke. Da sie unbewusst sind haben sie den enormen Vorteil, auf die volle Kapazität unseres Gehirns viel leichter zugreifen zu können, als das Bewusstsein. Dieses muss erst denkend zugreifen. Deshalb können unbewusste Netzwerke auch stärker sein als das Bewusstsein.

Unser „Ich“ sitzt zunächst einmal im Frontallappen. Wer sich an die Stirn fasst, ist seinem Bewusstsein sehr nahe. Natürlich arbeitet auch das „Ich“ holographisch, denkt mit dem ganzen Gehirn und nutzt dabei zusätzlich Teile. Diese Teile beinhalten verschiedene Fähigkeiten. Auch Angsstörungen gelten in diesem Zusammenhang als Fähigkeiten, weil sie auf einem erlernten, neuronalen Netzwerk beruhen. Für weitere seelische Instanzen gibt es keine Hinweise. Seele, Bewusstsein, Unbewusstes und Gehirn sind eins.

Unbewusst bewusst

Die Unterscheidung zwischen Unbewussten und Bewusstem ist für unser Gehirn nicht selbstverständlich. Wir müssen den Unterschied zwischen äußeren und inneren Reizen von klein auf lernen. So werden unbewusste Vorgänge meist so aufbereitet, dass die Signale leicht verfälscht werden. Zum Beispiel erscheinen erinnerte Bilder gerne verwaschen oder dunkler, als der gegenwärtige Sinneseindruck, also das, was wir gerade sehen. Das macht aber jeder Mensch anders und man kann es leicht selber herausfinden, in dem man ein erinnertes Bild mit einem realen Bild vergleicht.

Es gibt im Leben immer wieder Situationen, wo sich diese Grenzen verschieben können. Im Prinzip ist unser Gehirn in der Lage, alles was wir uns vorstellen können, als völlig real darzustellen. Bis hin zu körperlichen Reaktionen darauf. Deshalb sind Entführungen durch Außerirdische, wie sie in den letzten 50 Jahren in Mode gekommen sind, aus psychologischer Sicht völlig in Ordnung. Nur das sich eben UFOnauten nicht erst die Mühe machen müssen, unser Unbewusstes erledigt das genauso gut. Um solche Erfahrungen zu machen, sind Drogen übrigens völlig unnötig. Wer sein Gehirn einige Tage am Schlafen hindert, wird sehr schnell Halluzinationen erleben.

Erste Hilfe für Telepathen

Wenn wir unterstellen, dass ein Telepath das Denken eines anderen Wesens erfassen kann, dann hat er viel zu tun. Er erlebt ein Kuddelmuddel aus bewussten und unbewussten Prozessen. Diese laufen auch noch gleichzeitig ab. Es wäre, nur auf ein Einzelindividuum bezogen, als wenn man alle Radiosender gleichzeitig hören könnte. Wobei es eben nicht nur Sprache ist, sondern auch Bilder, Gefühle, Gerüche und Geschmäcker, die durch den Äther rauschen. Nur das Bewusstsein zu belauschen ist genau so schwer. Zum einen, weil das Bewusstsein auch in den fünf Sinneskategorien denkt und eine Trennung zum Unbewussten praktisch nicht möglich ist.

Der Kunstgriff der Telepathie besteht zudem darin, die Sprache als Form des Denkens zu definieren. Dabei wird eine Lingua franca, eine Universalsprache des Denkens postuliert. Sie soll bei allen Lebewesen gleich sein. Weshalb ein Telepath im Raumschiff häufig den Translator ersetzt.

Wenn man in einer Fremdsprache über einen längeren Zeitraum leben muss, beginnt man nach einiger Zeit darin zu schreiben, zu träumen, mithin in dieser Sprache zu denken. Gedachte Sprache entspricht der gesprochenen Sprache. Bei einem Individuum mit einer für den Telepathen fremden Sprache, könnte belauscht, aber nicht verstanden werden. Allerdings sind dem Telepathen alle anderen Sinneskanäle zugänglich.

Dies setzt aber voraus, der Telepath verfügt über vergleichbare Sinneskanäle. So können Blinde, die ihre Sehkraft durch eine Operation wiedererlangen, keineswegs die Bilder gleich verarbeiten. Weshalb ein Wesen, das einen Ultraschallsinn hat, von einem menschlichen Telepathen nicht verstanden werden kann.

Rein mit telepathischer Sprache kommunizierende Wesen sind nur dann denkbar, wenn diese entwicklungsgeschichtlich zunächst eine Sprache entwickelt hatten. Das kommunizierende Geisteswesen aus sich selbst heraus gibt es nicht. Zumal die Kommunikation die eigene Wahrnehmung als Individuum voraus setzt. Es ist zweifelhaft, ob sich ein reiner Geist gegenüber einem anderen überhaupt als einzeln wahrnehmen könnte.

Und nun?

Alles ist denkbar, schlimmer noch, alles ist wahrnehmbar! Für Perry Rhodan Autoren ist das eine günstige Situation, sie können aus dem Vollen schöpfen und fleißig im Paranormalen fischen. Uns Normalsterbliche bleibt das endliche Universum unserer Seele und Perry Rhodan – natürlich.

 

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