Trans und Sexarbeit

Teile des Textes basieren auf: Ruby Rebelde, 2020, openpetition

Vor Einführung des TSG im Jahr 1981 war Sexarbeit für trans Frauen oft die einzige Möglichkeit, um Geld zu verdienen. Sexarbeit ist ein Bestandteil unserer Gesellschaft, über die die Allermeisten wenig wissen. Somit haben viele Menschen Vorurteile und Berührungsängste mit trans Frauen, denn sie sind bis heute ein fester Teil in der Sexarbeit (1). Deshalb gibt es traditionelle Bindungen von trans Frauen zu Sexarbeitenden, die auch die ersten waren, die sie als Frauen akzeptierten.

Die Realität der trans Frauen in der Sexarbeit ist nicht das Happy-Hooker-Narrativ („fröhliche Escorts“) noch das der menschengehandelten Zwangsprostituierten. In einer Internetbefragung im Jahr 2020 in Deutschland gaben 15,4% aller trans Antwortenden an, sie hätten eine „Tätigkeit in Sexarbeit“ (4). Trans Männer und nicht binäre Menschen gehen in geringerem Anteil der Sexarbeit nach, im The National Transgender Discrimination Survey (NTDS/USA) aus 2015 wird ihr Anteil mit 7.1% angegeben (2).  Es sind vielfach trans Frauen (13.1% im NTDS) ohne Aufenthaltsstatus, die dazu nach Deutschland geworben werden. In ihren Ländern haben sie keine Existenzmöglichkeiten, sind mit Verfolgungen und dem Tode bedroht. Zum Teil sind sie von den Familien verstoßen, bisweilen sind ihre Familien auf ihre Arbeit angewiesen. Machmal sind es cis Männer, die hier als Frauen anschaffen gehen.

Die Zwänge unter denen gearbeitet wird, sind komplex. Repressionen auf Sexarbeitende trifft sie besonders hart, denn einen Weg daraus gibt es für sie nicht. Sie können nicht in ihre Geburtsländer zurück und bekommen hier keinen Legalstatus. Viele wollen auch nicht zurück, weil es die eine Möglichkeit ist, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Es gibt keine absoluten und belastbaren Zahlen oder Statistiken zu trans Sexarbeit in Deutschland (3). Sexarbeit ist komplex und immer im Wandel begriffen. In Deutschland ist Sexarbeit erst seit 2002 praktisch legalisiert. Seitdem ist die Arbeit nicht mehr sittenwidrig und sexuelle Dienstleistungen können bezahlt werden. Mit der Einführung des ProstituiertenSchutzGesetz im Jahr 2017 ist die Zwangsregistrierung (§3 ProstSchG) mit der Einführung des Hurenpasses geschaffen worden. Für trans Sexarbeiter*innen, die sich aus Angst vor Outing oder weil sie keinen Wohnsitz in Deutschland und/oder keine Arbeitserlaubnis haben, nicht registrieren lassen können, bedeutet es die Zementierung der Illegalität.

Noch schlimmer wird es, wenn es zu einem Sexkaufverbot kommt. In Schweden, Kanada und Frankreich werden die Freier*innen kriminalisiert, man bestraft die Nachfrage. Die Anbieter*innen gehen vordergründig straffrei aus, stattdessen müssen die Kund*innen mit Strafen rechnen. Gleichzeitig macht sich jede*r, der Sexarbeitende in irgendeiner Form unterstützt, der „Förderung der Prostitution“ oder gar der Zuhälterei schuldig. Sexarbeitende sind so ohne Unterstützung, schützende Gesetze und Rechte. Für trans Frauen eine furchtbare Stigmatisierung, die ihnen die Existenzgrundlage, sowie ihr Selbstbestimmungsrecht, entzieht. In diesen Ländern wird gegen trans gehetzt, das Sexkaufverbot wird benutzt um Migrant*innen abzuschieben und allgemein Sexualität zu diskriminieren.

In Schweden ist dieses Gesetz am Längsten in Kraft und erforscht worden, Susanne Dodillet hat fundierte Infos zu diesem Thema: https://missy-magazine.de/wp-content/uploads/2014/02/Dodillet_Oestergren_Das_schwedische_Sexkaufverbot.pdf

Die dgti ist entschieden gegen ein Sexkaufverbot in Deutschland. Wir treten ein für eine Entkriminalisierung und Anerkennung der Sexarbeit, gleichwertig mit anderen Berufen. Wir fordern Schutz und Rechte für Sexarbeitende mit und ohne Aufenthaltsstatus.
„Sexarbeit ist Arbeit – Respekt!“

(1) Staging the Trans Sex Worker, Nihils Rev, Fiona Maeve Geist, TSQ (2017) 4 (1): 112–127, Duke University Press

(2) TRRANSGENDER EXPERIENCES IN THE SEX TRADE, By Erin Fitzgerald, MPA Red Umbrella Project, Sarah Elspeth Patterson, M.Ed. Red Umbrella Project, Darby Hickey Best Practices Policy Project. With Cherno Biko, Harper Jean Tobin National Center for Transgender Equality. With new analysis from the National Transgender Discrimination Survey,
DECEMBER 2015:

  1. „Transfeminine NTDS respondents were twice as likely to participate in the sex trade compared to transmasculine respondents (13.1% vs. 7.1%)“
  2. „Participation in the Sex Trade, by Gender Identity
    Transgender Women (448) 14.9%, Gender non-conforming (assigned male at birth) or crossdresser (59) 6.8%, Transgender Men (131) 7.4%, Gender non-conforming (assigned female at birth) or crossdresser (51) 6.5%“
  3. „Black and Black Multiracial NTDS respondents had the highest rate of sex trade participation overall (39.9%), followed by those who identified as Hispanic or Latino/a (33.2%). Those who identified as “White only” had the lowest rate of participation at 6.3%.“

(3) 2010 veröffentlichte „Die Welt“ ähnliche Zahlen, danach hätten 6% der Sexarbeitenden in Deutschland einen transsexuellen Hintergrund: https://www.welt.de/vermischtes/article6209687/Deutschlands-Prostitution-immer-internationaler.html

(4) AUSWIRKUNGEN DER COVID-19-PANDEMIE AUF TRANS* MENSCHEN IN DEUTSCHSPRACHIGEN LÄNDERN, VORLÄUFIGE ERGEBNISSE DER TRANSCARECOVID-19-STUDIE (www.transcareCovid-19.com), Andreas Köhler, Annette Güldenring, Joz Motmans, Timo O. Nieder, Mai 2020

Weiterführende Links:

  1. Sonya Tumbling zum Sexkaufverbot
  2. Sonja Dolinsek zum „Schwedischen“ Modell
  3. Feminist Perspectives on Sex Markets
  4. Die Grüne Jugend zum Thema.
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