Trans. Frau. Sein.

Diese Kritik bezieht sich auf die erste Auflage.

Es gibt nicht viele Bücher aus trans Perspektive im deutschsprachigen Raum, die über eine Biografie hinaus gehen. Felicia Ewert hat ihr Buch „Trans. Frau. Sein.: Aspekte geschlechtlicher Marginalisierung“ aus queerfeministischer Position geschrieben. Sie dekonstruiert die Kultur der Geschlechter und Geschlechterrollen und muss gleichzeitig ihr trans sein erklären.

Sie kritisiert die „Vorstellung eines „biologischen“ Geschlechts“ als cissexistisch (S.51) und lehnt es ab, von sozialem, empfundenen oder einer Geschlechtsidentität zu sprechen. Für sie ist Geschlecht eine Ordnungskategorie, um Menschen einzuordnen (S.25), gleichwohl wählt sie „Geschlecht“ zur Selbstbeschreibung (S.51). Auch der „Schluss vom Körper auf das Geschlecht in allen möglichen Facetten“ (S.30) sei zu unterlassen. Obwohl sie sich auf Julia Serano bezieht, macht sie sich deren Modell des mehrdimensionalen geschlechtlichen Raumes nicht zu Eigen. Die Biologie gibt sie damit kampflos ihren vielleicht zu oft zitierten Twitter-Antagonisten preis. Sie stellt den „Biologismus und die damit verbundene geschlechtliche Zuweisung“ als den Grund dar, „weshalb sie (viele trans Personen) überhaupt trans sind.“ (S.104) Zwar wird der Verzicht der Möglichkeit der körperlichen Transition als „Todesurteil für trans und oder inter Personen“ bezeichnet.

Der queerfeministische Ansatz bietet kaum Boden für eine Erklärung, außer dem der subversiven Performanz. Deshalb steht das Thema Dysphorie am Anfang, körperliche Transition und Passing als normative Prozesse innerhalb des psychologisch, medizinischen Systems bleiben bei Ihr blass. Obwohl sie sich des von ihr scharf kritisierten Systems, mit „geradezu glasschneidenden Mascara“ (S.49), durchaus bewusst bedient. Trans ohne Essentialismus erklären zu wollen, unterschätzt die enorme Dynamik der Körperlichkeit, die Transsexuelle erleben, im Schlechten wie im Guten.

Felicia Ewert hat eine konsequente trans Perspektive und fordert zur Kontroverse heraus. Das ist gewollt und deshalb ist es ein wichtiges Buch. Ihre eindeutige Haltung zu ihrem Geschlecht gibt den Stand der aktuellen und weltweiten Diskussion innerhalb der Community gut wieder. Von solchen Büchern muss es mehr geben. Klare Leseempfehlung von mir.

Trans. Frau. Sein.: Aspekte geschlechtlicher Marginalisierung von Felicia Ewert
Verlag: edition assemblage, 2018, ISBN-10: 3960420404, ISBN-13: 978-3960420408

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